Von A wie Avatar bis Z wie Zhangjiajie

Nach gut einer Woche chinesischer Großstädte haben wir uns ein bisschen nach dem nächsten Stopp, Zhangjiajie Forest Nationalpark gesehnt. Für die ersten zwei Nächte haben wir ein Hotel nahe am Osttor des Nationalparks, in der für chinesische Verhältnisse, Kleinstadt Wulingyuan (ca. 60.000 Einwohner). Im Hotel dort werden wir das erste Mal mit gutem Englisch willkommen geheißen. Wir werden auch gleich zu Routen im Nationalpark beraten und bekommen Hilfe beim Ticketkauf. Wie sich herausstellt, haben wir es mit einer Economy-Studentin auf Sommerjob zu tun.

Den nächsten Morgen starten wir eher gemütlich, nicht zuletzt da unser Zeitslot erst um 11 Uhr öffnet (hätten wir mal vorreservieren sollen). Ist aber auch kein Problem, denn schließlich ist es Renes Geburtstag und Eva hat eine kleine Überraschung mitgebracht. Daher basteln wir am Vormittag gleich zwei süße Partnerlook-Armbänder mit Magnetverschluss. Danach geht es dann doch noch in den Nationalpark. Und nachdem wir (wieder einmal leicht stolz) mit der nächsten Doppelmayr Gondel auf Tianzi-Mountain hinauffahren, stellen wir begeistert fest, dass wir uns nicht zu viel erwartet haben. Die Landschaft des Parks ist gekennzeichnet durch Sandstein-Säulen, die aufgrund des feuchten Klimas sehr dicht bewachsen sind. Die Säulen haben sich über viele Jahre durch Erosion aus dem unter anderem durch Eiseneinlagerungen unterschiedlich harten Gestein geschliffen. Drei harte Gesteinsschichten (je ca. auf Höhe 800m, 1000m, 1200m) haben ca. 400 Meter hohen Türme zurückgelassen. Oben an einer derart hohen Klippe zu stehen und auf die Säulenlandschaft zu Blicken ist wirklich außergewöhnlich schön. Hat nicht auch Avatar Regisseur James Cameron befunden, und als Inspirationsquelle für die Hallelujah-Mountains im Film genannt. Daher kommen auch die Namen so mancher Formationen: Avatar- / Hallelujah-Mountains.

Das Prinzip des Parks ist eigentlich ganz simpel: Es gibt „Scenic-Areas“, die über Shuttlebusse oder Gondel verbunden sind. Wobei vor allem das Shuttlebus-System wieder sehr chinesisch ist. Die Bushaltestellen sind im Wesentlichen Anstellschlangen wie bei einer Gondel, und der Takt der Busse ist in den Stoßzeiten kleiner als eine Minute. Zu diesem Zeitpunkt kann man die Busse fast als stetiges Transportmittel beschreiben. Auch beim Busverkehr darf man nicht zimperlich sein. Auf den engen, nur kurvigen, Straßen fahren die Busse recht schnell und trotz regelmäßigen Gegenverkehr gibt es höchst fragwürdige Bus-Überholmanöver. Doch auch das konnte Rene nicht daran hindern, in fast jeder Busfahrt ein Nickerchen zu machen.

Doch wieder zurück zum Nationalpark: Zuerst sehen wir uns wie erwähnt Tianzi-Mountain an. Das ist ein Plateau auf der höchsten Ebene, auf dem man eine Reihe an Aussichtspunkten abgehen kann. Zu diesem Zeitpunkt recht beeindruckend, aber wir sollten noch viel bessere Blicke auf die Säulen bekommen. Zweiter Stopp war Yangjiajie. Eine etwas ruhigere Gegend, wo wir uns nach einem kurzen Regenschauer für eine weitere Wanderung auf einen der höheren Gipfel der Region entscheiden („One Step to Heaven“). Das hat sich auf jeden Fall ausgezahlt. Mit recht unfachmännisch gebauten Stahlleitern geht es die letzten Meter über die Baumwipfel und wir bekommen die wahre Ausdehnung und Schönheit des Parks zu Gesicht. Nach einer weiteren Busfahrt kommen wir dann zur Sektion, die als „der Ort“ der Hallelujah Mountains vermarktet wird. Auf jeden Fall schön, aber der vorherige Ausblick war noch besser und vor allem auch ein bisschen ruhiger. Zum Abschluss geht es noch mit dem weltweit höchsten Outdoor-Aufzug, Bailong, senkrecht nach unten und wieder zurück ins Hotel. Nach einem schnellen Sushi-ähnlichem Streetfood fallen wir beide müde und glücklich ins Hotelbett und schlafen sehr gut.

Am nächsten Tag schauen wir uns noch ein Plateau, Huanshi Village an, von dem wir nach einer Runde, den Weg ins Tal zu Fuß beschreiten. Hier haben wir dann endlich wirklich Ruhe von anderen Menschen und können die beruhigenden Klänge des subtropischen Waldes genießen. Von der Stimmung her erinnert uns der Weg durch den dichten Wald mit den gepflasterten Pfaden sehr an das Handyspiel „Tempel Run“. Anschließend wandern wir den „Golden Whip Stream“ entlang durch die Landschaft. Anfangs war der Fluss noch mehr Kinderspielplatz, nach und nach wurde es aber ruhiger und auch wir nutzen die Gelegenheit eine kleine Runde kneippen zu gehen. Hier beweist Rene wieder, wieso er keine schönen Dinge (mit Magnetverschluss) haben sollte: Nach nur einem Tag fand Renes Geburtstagsarmband entlang des Golden Whip Streams seine letzte Bleibe. Das Tal ist auch bekannt für seine süßen Affen, die dort wild leben. Aber der Nationalpark weiß schon, was er tut und erlaubt eigentlich nicht das Füttern oder Nahekommen. Die Touristen hält das aber nicht ab, Selfies mit den Affen zu machen oder ihnen Essen zuzuwerfen. Aber ganz herzig sind sie schon.

  • Temple Run

Von oben dachten wir, die Säulen sind von unten mindestens genauso cool wie von oben, stimmt aber Renes Meinung nach nicht ganz. Es ist zwar beeindruckend vor einem mehrere hundert Meter hohen senkrechten Zapfen zu stehen, aber irgendwie fehlt die Übersicht bzw. das Gesamtbild und die meiste Zeit sieht man außer Bäumen nicht viel. Am Abend gibts noch das obligatorische „Location“-Eis und dann wechseln wir Hotel in die Stadt.

Am nächsten Tag gehts für uns zum Stairway to Heaven bzw. Tianmen Mountain. Das ist ein ca. 130 Meter hohes Fenster durch den Berg. In Richtung des Fensters wurde von einer Seite eine Treppe gebaut, sodass es von unten aussieht, als würde die Treppe zum Tor des Himmels führen. Ist schon ganz cool anzusehen und auch die Gondelfahrten (wieder Doppelmayr) sind Teil des Erlebnisses. Nachdem wir es aufgrund des durchwachsenen Nebels vorerst hinauszögern, nehmen wir die 45° Treppe, die auch schon Teil vieler Stunts (zum Beispiel Range Rover, Downhill, Freerunnning, Wingsuite-WM, Red-Bull-Stuff…) war, in Angriff. In den Himmel kamen wir zwar nicht, aber mit 7 echt langen Rolltreppen gelangen wir von der Höhle aus bis zum höchsten Plateau der Provinz. Dort genießen wir die Aussicht und spazieren über Glasswalks die Runde entlang der Kante des Plateaus.

Zurück geht es leider im Dunkeln mit einer 7.5 km langen Gondel und im Anschluss wieder recht schnell ins Bett, denn am nächsten Tag in der Früh geht es schon weiter mit dem Zug in Richtung unseres nächsten Zieles.