Mit der Ruhe war es aber schlagartig vorbei. Den bei der Landung wird man gleich regelrecht von China und den Schriftzeichen erschlagen. Nachdem die Schriftzeichen ja auch wirklich Zeichnungen gleichen, haben wir uns Eselsbrücken überlegt. Zum Beispiel den Kaktus mit dem LKW (die Meinungen gehen von Box bis „A“)
Ganz ein wichtiges Zeichen natürlich für den Flughafen. Danach macht man halt, was man macht, wenn man frisch in China angekommen ist. Rene holt sich eine lokale Nummer, während Eva sich erst entspannt ihr Alipay entsperren lässt. Dabei haben wir es mit viel Chinesisch zu tun, verstehen wenig, hoffen aber auf das Beste. Beides ist gelungen (zumindest dachten wir das) und wir suchen schon unseren Flughafenexpress in die Stadt. Da gelangen wir auch schon in unsere erste Gepäckkontrolle. Beim Verlassen des Flughafens? Jein – beim Einstieg in das U-Bahn Netzwerk.
Nachdem wir das Beijinger U-Bahnnetz bezwungen haben, müssen wir noch 20 Minuten mit vollem Gepäck überstehen. Aber schließlich finden wir trotz aller chinesischer Schriftzeichen unser Hotel und checken mit Übersetzer ein. Die Frau an der Rezeption versucht uns trotz Sprachbarriere ein kostenloses Upgrade für unser Zimmer an zu drehen, aber wir sind misstrauisch (und ein bisschen stur). Fünfter Stock ohne Lift ist doch kein Problem für uns. Naja, vielleicht hätten wir doch auf den Deal eingehen sollen, denn unser Zimmer hat eine Grundfläche von sagenhaften 3x3m inklusive Bad und Bett. Also nachdem unsere Rucksäcke im Zimmer waren, gab‘s am Boden kaum noch Platz.

Aber wir wollen ja eh nicht lang im Zimmer sein, deswegen starten wir auch schon gleich Richtung Tian’men Square. Die U-Bahn wäre theoretisch bis ganz nahe hingefahren, aber irgendwie weisen uns Polizisten und Absperrungen einmal zehn Minuten in die andere Richtung.
Dort gibt es trotz Reservierung eine Schlange, aber wir stellen uns brav an und warten. Eine der ersten Dinge die uns auffallen, ist die sorgfältige Überwachung aller Bürger und Touristen, speziell am Tian’men Square. Nach zwei Passchecks und zwei Gepäckskontrollen (wo sogar am Wasser geschnüffelt wird), dürfen wir auch auf den Platz. Dort angekommen, ist es kaum möglich, die Kameras zu übersehen. Alle paar Meter steht ein Mast, an dem die Kameras nur so wie Blätter am Baum hängen.
Die düsteren Wolken verleihen irgendwie eine passende Stimmung, wenn man die Geschichte des Ortes bedenkt. Die Sturmwarnung für den Abend haben wir gekonnt ignoriert und stehen ohne Regenschutz da, als es dann doch zum Schütten beginnt. Und wer hätte es gedacht, am weltweit größten städtischen Platz ist, findet man erst einen Unterschlupf, nachdem man komplett durchtränkt ist. Doch auch dieser Sturm geht vorbei und wir kriegen (völlig durchnässt) zumindest noch ein paar Blicke auf den Platz im Sonnenschein, wo sich sogar der Eingang der verbotenen Stadt samt Mao in den Pfützen spiegelt.
Tatsächlich hat es danach nur noch zwei kleine Regenschauer gebraucht, bis wir uns auch ein bisschen in die chinesische Kultur integriert haben und uns einen Sonnenschirm gekauft haben, den man auch als Regenschirm nutzen kann.
Wir wollten uns nicht zu viel Gedanken ums Frühstück machen, deswegen haben wir das gleich bei dem Hotel mitgebucht. Dort kriegen wir allerdings gleich 2 mal 20 yuan (ca 2,5€) Coupons für ein Restaurant 200m weiter in die Hand gedrückt. Es bleibt also spanned. Mit Übersetzer bewaffnet fragen wir einmal was vegetarisch ist (Hühnchen anscheinend auch), aber kommen mit unseren gesamt fünf Euro echt weit. Was es allerdings gibt, sind wir beide gar nicht gewohnt – alles ist im Fett herausgebraten und durchaus deftig. Na hoffentlich halten unsere Mägen das aus.
Wir sind aber extra früh gestartet, weil für uns geht es mit dem Taxi in Richtung chinesische Mauer. Alle Touristenbusse starten erst um 8:30 in Beijing, deswegen starten wir schon um Viertel nach Sieben. Unser Ziel ist der Abschnitt Mutianyu, das am längsten offiziell begehbare Stück und angeblich nicht ganz so überlaufen. Dort fühlen wir uns fast schon wie zu Hause – eine Doppelmayr Gondel überwindet die letzte Steigung zur Mauer.
Oben angekommen begrüßen uns schon alte Freunde – düstere Regenwolken. Unerschrocken machen wir uns auf den Weg und überstehen den Regen tatsächlich einigermaßen trocken in einem der Watchtower. Danach werden wir vom blauen Himmel begrüßt und erklimmen den Hero-Tower, den höchsten erreichbaren Punkt der Mauer. Wobei man sagen muss, dass das Wort „erklimmen“, schon nicht ohne Grund gewählt worden ist. Abschnitte der Mauer sind dermaßen steil, dass man sie quasi auf allen Vieren begehen muss und in Österreich jedenfalls eine Absturzsicherung notwendig wäre.
Leicht erschöpft können wir jetzt einen Blick über mehrere Kilometer, der meist am Grad entlanglaufenden Mauer, bestaunen. Sie windet sich durch dicht bewaldete Hügel auf und ab. Dabei sind die Dimensionen echt beeindruckend und die Breite von ca. 5 Metern und Höhe von ca. 8 Metern nur schwer vorstellbar. Noch beeindruckender ist es, wenn man bedenkt, dass sie ab ca. 600 AD gebaut wurde. Wobei die heute sichtbare Mauer von der Ming Dynastie im 16 Jahrhundert fertiggestellt wurde. Der komplette Arbeitsaufwand für so ein riesiges Projekt in so einer abgelegenen Gegend muss gigantisch gewesen sein. Generell ist die Mauer nicht durchgehend oder von der gleichen Dynastie gebaut, sondern über Jahrhunderte mehr oder wenig chaotisch gewachsen und ausgebaut worden.
Nachdem wir die ganze (begehbare) Mauer auf und abgelaufen sind, haben wir uns auch einen leichteren Abstieg verdient – die Sommerrodel.
Beijing ist auch für seine kleinen Quergassen, Hutongs, bekannt, wo es von Essen und Menschen nur so wimmeln soll, zumindest laut dem Internet. Also begeben wir uns mit dem Namen einer bekannten Nachbarschaft auf die Jagd, aber tatsächlich finden wir nur leere Seitengassen. Als wir schon fast aufgeben wollten, sehen wir doch am Ende einer Seitengasse Gewimmel und schon sind wir in einer Gasse voller Geschäfte, Gerüche und Menschen. Überall ist etwas los, alles wird angepriesen, Kostproben werden ausgegeben und Lampions und Neonschilder wechseln sich ab. Rene hat einen kurzen Anflug von Mut und bestellt sich einen gebratenen Tintenfisch mit allem (Hirn, Augen, Herz, einfach alles). Mit im Vornhinein flauem Magen und einer kleinen Portion Verzweiflung, „verschlingt“ er ihn aber dann doch.




























